Schulrecht (Symbolbild)

FAQ Schulrecht: Wenn die Schule eine Ordnungsmaßnahme androht oder verhängt

Eltern, die in meine Kanzlei kommen, stellen mir immer wieder Fragen zu schulischen Ordnungsmaßnahmen und wollen wissen, ob man rechtlich dagegen vorgehen kann. Das Interesse an diesem Thema ist groß. Die wichtigsten Antworten habe ich deshalb in Form von „FAQ“ zusammengefasst.

Die FAQ-Liste können Sie hier auch als PDF-Datei herunterladen.

Haben Sie eigene Fragen zu Schule und Recht?

Gern unterstütze ich Sie mit einer fachlichen Einschätzung Ihres Anliegens:

  • Ich sage Ihnen, ob Gegenwehr gegen eine schulische Ordnungsmaßnahme Erfolg verspricht.
  • Ich vertrete Sie engagiert im Widerspruchsverfahren oder vor dem Verwaltungsgericht.
  • Falls Sie die „offene“ Einschaltung eines Rechtsanwalts (noch) nicht wünschen, unterstütze ich Sie beim Abfassen einer eigenen schriftlichen Stellungnahme gegenüber der Schule.

Nehmen Sie unverbindlich Kontakt zu mir auf:

Rechtsanwalt Dr. Kai Hentschelmann
Telefon: 040 333 588 41
E-Mail: info@kanzlei-hentschelmann.de

Bitte beachten Sie, dass die hier bereitgestellten Informationen nur der ersten Orientierung dienen. Sie können im Fall einer rechtlichen Auseinandersetzung keine Bewertung des Einzelfalls ersetzen, jeder Fall hat seine Besonderheiten. Die folgenden Informationen werden daher unverbindlich und ohne rechtliche Gewähr zur Verfügung gestellt.

Die Ausführungen orientieren sich an der Rechtslage in Hamburg. Da in jedem Bundesland ein eigenes Schulgesetz gilt, sind abweichende Regelungen möglich. In den Grundzügen ist die Rechtslage in den anderen Bundesländern jedoch ähnlich.

Die Schulgesetze der Länder kennen zwei unterschiedliche Arten von Maßnahmen, die bei Schulkonflikten ergriffen werden können: Erziehungsmaßnahmen und – bei schweren Verstößen gegen die Ordnung der Schule – förmliche Ordnungsmaßnahmen.

  • Erziehungsmaßnahmen sollen auf den einzelnen Schüler einwirken und eine Verhaltensänderung herbeiführen.
  • Ordnungsmaßnahmen haben zudem das Ziel, ein geordnetes Lernumfeld an der Schule aufrechtzuerhalten sowie beteiligte Personen oder Sachen zu schützen.

Erziehungsmaßnahmen sind dazu da, pädagogisch auf eine Schülerin oder einen Schüler einzuwirken. Solche Erziehungsmaßnahmen sind z.B. …

  • das erzieherische Gespräch mit der Schülerin oder dem Schüler
  • das Auseinandersetzen von Schülern, die den Unterricht durch Gespräche stören
  • der Eintrag eines Schülers in das Klassenbuch
  • Ermahnungen und Absprachen
  • der kurzfristige Ausschluss vom Unterricht
  • das Nachholen von Unterricht („Nachsitzen“)
  • zeitweiser Ausschluss von der Benutzung der schuleigenen Computer
  • schriftliche Information der Eltern über wiederholtes Fehlverhalten
  • die zeitweilige Wegnahme von Gegenständen, falls nötig einschließlich der Durchsuchung der Kleidung oder mitgeführter Sachen
  • das Auferlegen sozialer Aufgaben für die Schule
  • die Teilnahme an einem schulinternen Mediationsverfahren
  • die Teilnahme an innerschulischen sozialen Trainingsmaßnahmen
  • die Wiedergutmachung des angerichteten Schadens.

Diese Aufzählung ist nicht abschließend, es können auch weitere Maßnahmen angewendet werden.

Verboten sind jedoch körperliche Züchtigung und andere entwürdigende Erziehungsmaßnahmen (Schüler in die Ecke stellen, Kniebeugen als Strafe, mechanische Strafarbeiten wie seitenweises Textabschreiben). Unzulässig sind auch schikanöse Maßnahmen wie die Bekanntgabe schlechter Noten vor der Klassengemeinschaft.

Kollektive Maßnahmen sind nur dann zulässig, wenn sie durch das Verhalten sämtlicher betroffener Schüler veranlasst sind.

Förmliche Ordnungsmaßnahmen darf die Schule nur ergreifen, wenn es zu schwerwiegenden Verstößen gegen die Ordnung in der Schule kommt.

Die förmlichen Ordnungsmaßnahmen sind, anders als die Erziehungs-maßnahmen, „abschließend normiert“. Das bedeutet: Die Schule darf nur die im Gesetz genannten Ordnungsmaßnahmen anwenden. Sie können je nach Bundesland unterschiedlich ausgestaltet sein. Welche Ordnungsmaßnahmen möglich sind, hängt darüber hinaus von der Schulform und damit vom Alter der Schülerinnen und Schüler ab.

In der Primarstufe (Grundschule) können in Hamburg folgende Ordnungsmaßnahmen getroffen werden:

  1. Ausschluss von einer Schulfahrt
  2. Umsetzung in eine Parallelklasse
  3. Überweisung in eine andere Schule in zumutbarer Entfernung

Ziel jeder Maßnahme muss die Lösung schwerwiegender Erziehungskonflikte sein.

In den Sekundarstufen I und II können folgende Ordnungsmaßnahmen getroffen werden, aufsteigend nach ihrem Schweregrad:

  1. schriftlicher Schulverweis
  2. Ausschluss vom Unterricht für einen bis höchstens zehn Unterrichtstage oder von einer Schulfahrt
  3. Umsetzung in eine Parallelklasse oder andere Lerngruppe
  4. Androhung der Überweisung in eine andere Schule mit dem gleichen Bildungsabschluss
  5. Überweisung in eine andere Schule mit dem gleichen Bildungsabschluss
  6. Entlassung aus der Schule bzw. Berufsschule (falls die Schulpflicht erfüllt ist)

Im Vorfeld der Verhängung einer Ordnungsmaßnahme kann die Schülerin oder der Schüler zusätzlich für höchstens zehn Unterrichtstage vorläufig beurlaubt, d.h. vom Unterricht ausgeschlossen werden.

Ein Beispiel:

„Unser Junge hatte im Gymnasium (7. Klasse) mehrmals die Hausaufgaben nicht gemacht. Daraufhin wurde er von dem Mathematiklehrer mit großem „Hallo“ vor der ganzen Klasse dazu verdonnert, den Satz „Ich bin zu blöd, meine Hausaufgaben zu erledigen.“ zweihundert Mal aufzuschreiben. Er war den ganzen Nachmittag damit beschäftigt. Da der Mathematiklehrer uns schon mehrfach aufgefallen ist, weil er unserem Sohn sehr häufig Strafen erteilt, haben wir uns bei der Schulleiterin beschwert. Aber sie sagt, das liegt im pädagogischen Ermessen des Lehrers. Kann man da nichts machen?“

Zwar haben Lehrkräfte großen Spielraum bei der Wahl von Erziehungsmaßnahmen. Das gilt aber nur, solange sie zu rechtmäßigen Erziehungsmaßnahmen greifen. Strafen, die das Kind erniedrigen, liegen keinesfalls in ihrem pädagogischen Ermessen, sie sind vielmehr unzulässig. Und Ihr Sohn wurde ja gleich mehrfach gedemütigt: Durch das Verkünden der Strafarbeit vor der Klasse, durch die Formulierung und auch durch ihre repetitive Form. Als Rechtsmittel ist hier eine Fachaufsichtsbeschwerde gegen den Lehrer möglich. Vielleicht ist aber auch ein – sehr deutliches – Schreiben an die Schulleitung der sinnvollere Weg, das ich für Sie formulieren kann. Das hängt von der konkreten Situation ab, diese Entscheidung sollten wir in einem Beratungsgespräch diskutieren.

Für Erziehungsmaßnahmen und förmliche Ordnungsmaßnahmen gelten unterschiedliche Voraussetzungen.

Erziehungsmaßnahmen sind zulässig, wenn eine Lehrkraft zu der Einschätzung gelangt, dass angesichts einer Pflichtverletzung zur Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrages der Schule auf einen Schüler eingewirkt werden muss. Die Lehrkraft, die die Maßnahme anordnet, hat dabei einen weitreichenden Einschätzungs- und Entscheidungsspielraum. Die Erziehungsmaßnahme muss allerdings zur Erreichung des pädagogischen Ziels geeignet sein. Außerdem muss sie in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des Fehlverhaltens stehen.

Strengere Voraussetzungen gelten bei förmlichen Ordnungsmaßnahmen. Sie funktionieren nach den Prinzipien des allgemeinen Gefahrenabwehrrechts. Eine Ordnungsmaßnahme ist nur zulässig, wenn …

  • eine schulische oder in die Schule hineinwirkende schwere Pflichtverletzung vorliegt,
  • die Maßnahme den Zweck verfolgt, erzieherisch auf den störenden Schüler einzuwirken,
  • vorausgegangene Erziehungsmaßnahmen erfolglos waren oder von vornherein erkennbar ist, dass Erziehungsmaßnahmen aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens nicht mehr ausreichen (Erziehungsmaßnahmen haben Vorrang),
  • die Maßnahme darauf abzielt und grundsätzlich geeignet ist, eine Wiederholung des Fehlverhaltens zu verhindern, keine gleich wirksame, aber mildere Ordnungsmaßnahme zur Verfügung steht und die Maßnahme eine angemessene Reaktion auf die Pflichtverletzung darstellt (Verhältnis-mäßigkeit),
  • die für die jeweilige Ordnungsmaßnahme im Gesetz genannten Voraussetzungen im Einzelfall belegbar vorliegen,
  • das zuständige Gremium die Maßnahme verhängt hat und dabei nicht gegen zwingende Verfahrensvorschriften verstoßen wurde.

Die in der Primarstufe (Grundschule) zulässigen Ordnungsmaßnahmen dürfen in Hamburg nur „zur Lösung schwerwiegender Erziehungskonflikte“ angeordnet werden. Ein schwerwiegender Erziehungskonflikt wiederum ist nur anzunehmen, wenn eine schwere Verletzung von Schülerpflichten vorliegt, insbesondere, wenn der Schüler …

  • gegen rechtliche Bestimmungen wie die Schul- oder Hausordnung verstoßen hat,
  • den Unterricht nachhaltig und erheblich stört,
  • die geforderten schulischen Leistungen verweigert, etwa die aktive Beteiligung am Unterricht, oder
  • dem Schulunterricht unentschuldigt fernbleibt.

Auch die Anwendung der in der Sekundarstufe I und II möglichen Ordnungsmaßnahmen setzt eine schwere Pflichtverletzung voraus. Die jeweilige Maßnahme muss außerdem „zur Sicherung der Erziehungs- und Unterrichtsarbeit der Schule“ oder „zum Schutz beteiligter Personen“ erforderlich sein. Eine Ordnungsmaßnahme ist also nur dann zulässig, wenn sie notwendig ist, um eine nachhaltige und schwere Beeinträchtigung des Unterrichts zu unterbinden oder eine ernstliche Gefährdung von Lehrern, Mitschülern oder Sachen zu beseitigen.

Eine nachhaltige und schwere Beeinträchtigung des Unterrichts liegt erst dann vor, wenn aufgrund der massiven Störungen ein geordneter Unterricht nicht mehr möglich ist.

Erziehungsmaßnahmen, die ja weniger einschneidend sind, haben grundsätzlich Vorrang vor Ordnungsmaßnahmen. Voraussetzung für eine Ordnungsmaßnahme ist deshalb, dass entweder zuvor ergriffene Erziehungsmaßnahmen erfolglos geblieben sind oder dass sie aufgrund der Schwere und Nachhaltigkeit der Störungen von vornherein nicht geeignet erscheinen, bei dem Schüler eine Verhaltensänderung zu bewirken.

Dabei gehört es grundsätzlich zum Erziehungsauftrag der Schule, auch das Verhalten „lebhafter“ und impulsiver Schüler mit erzieherischen Mitteln in geordnete Bahnen zu lenken. In der Regel gibt es keine Rechtfertigung dafür, mit dem „schweren Geschütz“ der Ordnungsmaßnahme auf ein Verhalten zu reagieren, das innerhalb der normalen Bandbreite unterschiedlicher Temperamente liegt.

Wenn eine Ordnungsmaßnahme mit der ernsten Gefährdung von Lehrern, Mitschülern oder Sachen begründet wird, muss es sich um schwerwiegendes Fehlverhalten handeln. Außerdem muss in diesem Fall eine nachvollziehbare Gefahrenprognose erstellt worden sein, mit Annahmen über künftiges Fehlverhalten des Schülers und dessen Folgen. Ungefährliche körperliche Auseinandersetzungen oder die geringfügige Beschädigung von Sachen stellen in der Regel keine solch ernste Gefährdung dar. Allerdings sind die Grenzen fließend. Oft läuft es auf die Frage hinaus, ob ein Vorfall als harmlose Auseinandersetzung oder als ernste Gesundheitsgefährdung zu sehen ist. Für eine zutreffende Abgrenzung ist eine ordnungsgemäße Aufklärung und Dokumentation der Vorfälle durch die Schule wichtig. Daran fehlt es häufig. Hat die Schule das Geschehen mangelhaft aufgeklärt, sind Ordnungsmaßnahmen rechtlich oft angreifbar.

Die Maßnahme darf nicht allein dazu gedacht sein, das Fehlverhalten zu sanktionieren, sie muss vielmehr auf der Prognose über künftiges Fehlverhalten des Schülers beruhen. (Für diesen Aspekt ist es gleichgültig, ob sie mit einer nachhaltigen und schweren Beeinträchtigung des Unterrichts begründet wird oder mit einer ernsten Gefährdung von Lehrern oder Mitschülern.) Die Gefahrenprognose muss zu dem Ergebnis gelangen, dass das Fehlverhalten ohne die Verhängung der Ordnungsmaßnahme die Funktionsfähigkeit der Schule künftig erheblich beeinträchtigen würde. Wenn die Erwägungen der Schule in diesem Punkt unzureichend ausfallen oder fehlen, macht auch das die Maßnahme in der Regel angreifbar.

Als Pflichtverletzung kann im Grundsatz nur Verhalten in der Schule oder bei schulischen Veranstaltungen gelten. Außerhalb der Schule unterliegt der Schüler allein dem Erziehungsrecht seiner Eltern und nicht dem staatlichen Bildungs- und Erziehungsauftrag. Die Ahndung außerschulischen Verhaltens mit schulischen Ordnungsmaßnahmen ist deshalb als Eingriff in das elterliche Erziehungsrecht unzulässig. Etwas anderes gilt nur, wenn das außerschulische Verhalten in den Bereich der Schule „hineinwirkt“, also die Erfüllung des Erziehungs- und Bildungsauftrages der Schule behindert. Beispiele sind Tätlichkeiten von Mitschülern auf dem Schulweg oder das Bloßstellen von Lehrern oder Mitschülern durch beleidigende Veröffentlichung im Internet (Cybermobbing). Die Rechtsprechung stellt in der Tendenz zunehmend häufiger einen Schulbezug bei außerschulischem Verhalten fest.

Ein Beispiel:

„Mein Sohn geht in Hamburg in die zweite Klasse. Die Lehrerin kommt mit ihm – und einigen weiteren Kindern – überhaupt nicht zurecht. Nun hat sie uns gesagt, dass sie ihn von der Schule verweisen lässt, wenn er weiter ihren Unterricht durch Herumlaufen im Klassenzimmer stört. Geht das denn bei einem Siebenjährigen?“

Die Antwort lautet klar: Nein. Die Klassenlehrerin kann keine Ordnungsmaßnahmen im Alleingang verhängen – über die Überweisung eines Grundschülers an eine andere Schule entscheidet vielmehr die zuständige Schulbehörde auf Antrag der Lehrerkonferenz (§ 49 Abs. 7 Hamburgisches Schulgesetz). Außerdem muss dafür eine schulpsychologische Stellungnahme eingeholt werden. Eine derart drastische Maßnahme kommt in der Grundschule ohnehin nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht.

Da die Lehrerin Ihres Sohnes die Rechtslage entweder nicht kennt oder falsch darstellt, kann eine deutliche Stellungnahme an sie und die Schulleitung hier für Klarheit sorgen. Ich helfe Ihnen gern, ein wirksam formuliertes Schreiben aufzusetzen. Ob Sie es in eigenem Namen oder über meine Kanzlei verschicken, entscheiden Sie – in jedem Fall führt diese Maßnahme in solchen Fällen nach meiner Erfahrung zu raschen Ergebnissen.

Damit eine Ordnungsmaßnahme rechtmäßig ist, müssen einige formelle Anforderungen erfüllt sein.

Die Ordnungsmaßnahme muss schriftlich angeordnet und ausreichend begründet werden.

Die Ordnungsmaßnahme darf nur von dem Gremium angeordnet werden, das für ihre Verhängung zuständig ist. Dies kann – je nach landesrechtlicher Regelung und Ordnungsmaßnahme – die Klassenkonferenz unter Vorsitz der Schulleiterin oder des Schulleiters, die Lehrerkonferenz oder die Schulbehörde sein. In jedem Fall unzulässig ist es, wenn eine einzelne Lehrkraft eine Ordnungsmaßnahme verhängt.

Vor der Verhängung einer Ordnungsmaßnahme müssen die Schülerin oder der Schüler und bei noch nicht Volljährigen auch Sie als Eltern angehört werden. In manchen Fällen besteht auch die Pflicht, eine schulpsychologische Stellungnahme einzuholen.

Im Rahmen der Anhörung haben Sie die Möglichkeit, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahme sollte mit Bedacht erfolgen. Sie wird zur Akte genommen und prägt den Eindruck davon, wie Sie als Eltern mit dem Vorwurf umgehen – bis in ein eventuelles gerichtliches Verfahren hinein.

Damit Sie sachbezogen Stellung nehmen können, müssen Sie als Eltern wissen, was genau die Schule Ihrem Kind vorwirft, von welchem Geschehensablauf sie ausgeht und wie sie diesen ermittelt hat. Häufig ergeben sich erst daraus Ansatzpunkte für eine angemessene Verteidigung gegen den vorgeworfenen Pflichtverstoß. Deshalb sollten Sie vor Abgabe einer Stellungnahme Einsicht in die Schulakte Ihres Kindes beantragen. Wenn Sie von einem Anwalt unterstützt werden, wird er den entsprechenden Antrag stellen und den Inhalt Ihrer Stellungnahme mit Ihnen durchsprechen.

Ein Beispiel:

Unser Sohn wurde für zwei Wochen vom Unterricht ausgeschlossen, weil er sich geprügelt haben soll. Er hat sich jedoch nur verteidigt. Deshalb habe ich einen Widerspruch geschrieben und bei der Direktorin abgegeben. Die hat dann bei uns angerufen und gesagt, dass der Widerspruch abgelehnt ist. Dabei handelte es sich wirklich nur um Notwehr.

Die Direktorin kann den abschlägigen Bescheid eines schriftlichen Widerspruchs nicht einfach am Telefon durchgeben. Sie haben vielmehr Anspruch auf einen formgerechten Widerspruchsbescheid. Ein derartiges Vorgehen lässt vermuten, dass auch sonst bei dieser Maßnahme Verfahrensregeln und Vorschriften nicht eingehalten wurden. Eine Überprüfung erscheint sehr sinnvoll.

Erziehungsmaßnahmen stellen in der Regel schon deshalb keinen Eingriff in die Rechtssphäre des Schülers dar, weil ihr pädagogischer Charakter im Vordergrund steht. Sie stellen regelmäßig keinen Verwaltungsakt dar, deshalb stehen Ihnen in der Regel weder der Widerspruch noch die Anfechtungsklage als Rechtsbehelfe dagegen zur Verfügung. Mit juristischen Mitteln können sie allenfalls dann abgewehrt werden, wenn sie ausnahmsweise Regelungscharakter haben und willkürlich sind, d. h. nicht auf einem sachlichen, nachvollziehbaren Grund beruhen.

Anders ist es, wenn eine Ordnungsmaßnahme gegen Ihr Kind verhängt wurde. Wenn Sie daran zweifeln, dass die Maßnahme rechtmäßig ist, können Sie Widerspruch gegen diese Entscheidung einlegen. Die Frist dafür beträgt einen Monat. Ist dem Bescheid, mit dem die Ordnungsmaßnahme verhängt wurde, eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht beigefügt oder ist diese fehlerhaft, kann sogar noch innerhalb eines Jahres Widerspruch eingelegt werden.

Mit dem form- und fristgerecht eingelegten Widerspruch wird das Widerspruchsverfahren in Gang gesetzt – die Schule selbst bzw. die Schulbehörde überprüfen die Maßnahme noch einmal unter Berücksichtigung Ihrer Einwände. Das Ergebnis dieser Überprüfung ist ein amtlicher Bescheid:

  • Sieht die Schule oder die Schulbehörde Ihre Beanstandung als gerechtfertigt an, ändert sie den ursprünglichen Bescheid (über die Verhängung der Ordnungsmaßnahme) ab oder hebt ihn auf.
  • Andernfalls erlässt sie einen Widerspruchsbescheid, in dem sie begründet, warum sie weiterhin von der Rechtmäßigkeit der Ordnungsmaßnahme ausgeht.

Wenn Sie mit der Begründung des Widerspruchsbescheids nicht einverstanden sind, können Sie innerhalb der Klagefrist Anfechtungsklage beim Verwaltungsgericht erheben.

Allerdings kann die Ordnungsmaßnahme je nach Lage des Falls bereits wirksam werden, obwohl Sie Widerspruch eingelegt haben. In einigen Bundesländern (z.B. in Schleswig-Holstein und teilweise auch in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen) hat der Widerspruch schon von Gesetzes wegen nicht die Wirkung, den Vollzug der Ordnungsmaßnahme „aufzuschieben“. Außerdem – und unabhängig davon – kann die Schule oder die Schulbehörde die sofortige Vollziehung der Ordnungsmaßnahme anordnen, so dass sie – trotz Ihres Widerspruchs – sofort umgesetzt werden kann.

In diesen Fällen haben Sie das berechtigte Bedürfnis, rasch eine gerichtliche Entscheidung herbeizuführen, die den sofortigen Vollzug der Maßnahme verhindert. Dafür gibt es die Möglichkeit des gerichtlichen Eilverfahrens. Auf entsprechenden Antrag entscheidet das Verwaltungsgericht, ob die verhängte Ordnungsmaßnahme bereits vollzogen werden darf oder ob sie unterbleiben muss, bis ein Gericht im Hauptsacheverfahren über die Rechtmäßigkeit entschieden hat.

Ein Beispiel:

Die Schulleitung hat unsere 16-jährige Tochter vom Unterricht ausgeschlossen und zu einer Anhörung bestellt, sie soll wohl von der Schule „fliegen“. Der Grund ist, dass sie und ihre Freundin sich in der Pause in der Nähe einer Gruppe von vier Schülerinnen und Schülern befanden, die dort einen Joint rauchten. Sie wurden von der Sportlehrerin erwischt. Diese hat ein Protokoll geschrieben, dass alle mitgeraucht haben, das stimmt aber nicht. Meine Tochter und ihre Freundin waren nur zufällig auch dort. Was hätte sie denn tun sollen, den anderen Schülern den Joint wegnehmen? Kann man etwas dagegen tun, dass die Schule meine Tochter ungerechterweise mitbestraft? Sie kann doch nichts dafür, dass es ein Drogenproblem an der Schule gibt.

Ein Unterrichtsausschluss darf, wie jede Ordnungsmaßnahme, gegen einen Schüler oder eine Schülerin nur dann angeordnet werden, wenn damit auf ein individuelles Fehlverhalten reagiert wird. Ordnungsmaßnahmen sind als Reaktion auf den Marihuana-Konsum von Schülern grundsätzlich durchaus zulässig. Sie dürfen aber nur solche Schüler treffen, bei denen man begründeterweise davon ausgehen kann, dass sie an der Pflichtverletzung beteiligt waren. Dies scheint bei Ihrer Tochter nicht der Fall zu sein. Deshalb wäre als erstes wichtig, sich Akteneinsicht zu verschaffen und auf dieser Basis dann gegen den Unterrichtsausschluss vorzugehen, gegebenenfalls im Wege des gerichtlichen Eilverfahrens.

Wenn Ihr Kind durch einen Mitschüler zu Schaden gekommen ist, beispielsweise bei einer tätlichen Auseinandersetzung oder durch Cybermobbing, dann ist es Aufgabe der Schule, auf dieses Fehlverhalten angemessen zu reagieren. Bei einem schweren Pflichtverstoß kommt – wie oben erläutert – auch eine Ordnungsmaßnahme in Betracht.

Falls die Schule nichts unternimmt oder zu Maßnahmen greift, die angesichts der Pflichtverletzung des Mitschülers zu harmlos erscheinen, haben Sie als Eltern durchaus Einflussmöglichkeiten.

Sie können sich mit Ihrem Anliegen an die Schulleitung wenden und erläutern, warum eine (wirksamere) Ordnungsmaßnahme angemessen ist. Außerdem können Sie einen Antrag auf weitergehende Ordnungsmaßnahmen an die Lehrerkonferenz stellen. In Hamburg muss sich allerdings zuvor die Klassenkonferenz diesen Antrag zu eigen machen.

Wenn diese Wege allerdings nicht zum Erfolg führen, kann man die Schule mit rechtlichen Mitteln im Regelfall nicht zu einer (wirksameren) Ordnungsmaßnahme zwingen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn im Einzelfall aus bestimmten sachlichen Gründen tatsächlich nur die von Ihnen als Eltern befürwortete Maßnahme in Betracht kommt. Juristen sprechen von einer „Ermessensreduzierung auf Null“. Der Ermessensspielraum der Schule bei der Anordnung von Ordnungsmaßnahmen ist aber grundsätzlich sehr groß, deshalb sind solche Ausnahmefälle selten.

Ein Beispiel:

Unsere Tochter geht in die achte Klasse und ist seit einigen Monaten wiederholt Opfer von gewaltsamen Übergriffen durch einen Mitschüler geworden. Er hat sie sowohl auf dem Schulweg, d.h. vor der Schule, als auch im Klassenraum und im Pausenraum geschlagen, getreten und beschimpft. Die Schule hat zwar nach mehreren Vorfällen Konfliktgespräche anberaumt und er hat einen Verweis erhalten, das war jedoch alles. Gewirkt hat es nicht, unsere Tochter wurde schon wieder mündlich von ihm bedroht, auch wenn es dafür keine Zeugen gibt. Sie ist völlig verzweifelt, hat Angst davor, zur Schule zu gehen, und ihre Leistungen haben stark nachgelassen. Kann man die Schulleitung nicht darauf verklagen, diesen Jungen von der Schule zu verweisen?

Die Chancen, die Schule oder vielmehr die Schulbehörde auf dem Klageweg zu einer Überweisung des Täters an eine andere Schule zu zwingen, sind sehr gering. Das bedeutet aber keineswegs, dass es keine rechtlichen Mittel gibt, die sich zum Schutz Ihrer Tochter einsetzen lassen. Als Erstes sollten die Vorfälle genau dokumentiert und alle Zeugen erfasst werden. Dazu ist es auch wichtig, Akteneinsicht zu nehmen. Auf schulischer Ebene lässt sich zwar keine bestimmte Ordnungsmaßnahme erzwingen, man kann sie aber sehr wohl beantragen. Dabei können gut dokumentierte Vorfälle und eine eindrückliche Darstellung der Auswirkungen auf Ihre Tochter die Forderung nach konsequenten Maßnahmen wirksam untermauern. Ansonsten ist bei derart massiven Nachstellungen der schulrechtliche Aspekt nur ein mögliches Handlungsfeld. Hier sollten wir gemeinsam auch über strafrechtliche und gegebenenfalls zivilrechtliche Schritte gegen den Täter nachdenken.

Führt eine rechtliche Verteidigung gegen den erhobenen Vorwurf zu Nachteilen für Ihr Kind? Die Frage ist berechtigt und sollte ernst genommen werden. Wenn Unmut über Ihren Widerstand zu ungerechter Notengebung oder anderen Benachteiligungen führen sollte, wird Ihr Kind zusätzlich belastet. In den meisten Fällen bleibt das Kind ja an der Schule und ist auf konstruktive und intakte Beziehungen zu seinen Lehrkräften angewiesen.

Wie groß dieses Risiko ist, lässt sich nur nach eingehender Prüfung der Umstände des Einzelfalls einschätzen. Nach meiner Erfahrung führt vor allem erfolgreiche juristische Gegenwehr jedoch nicht dazu, dass Ihr Kind oder Sie als Eltern es im Umgang mit der Schule schwerer hätten. Pädagogen sind schon von Berufs wegen mit Konfliktlösung und dem Management zwischenmenschlicher Beziehungen vertraut. Bei professionell eingestellten Lehrkräften ist es deshalb eine Selbstverständlichkeit, dass sie die Korrektur einer fehlerhaften Entscheidung der Schule akzeptieren und zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zurückkehren.

Wenn Ihr Kind es jedoch tatsächlich mit einer überforderten Lehrkraft zu tun hat, sollten Sie sich umso entschlossener zur Wehr setzen. In diesem Fall bleibt ja gewissermaßen nur die „Flucht nach vorn“, um Ihr Kind zu schützen. Ein nachdrücklicher Hinweis auf die ordnungsrechtlichen Schranken, denen die Schule unterliegt, kann heilsam sein und dazu beitragen, dass Ihnen und Ihrem Kind künftig mehr Respekt entgegengebracht wird. Zur Klärung oder Entschärfung des Konflikts bietet sich zusätzlich die Einbeziehung anderer schulischer Gremien wie des Elternrats an.

Im Übrigen kann auch fehlende Gegenwehr ein Nachteil sein, denn die Ordnungsmaßnahme wird in die Schulakte Ihres Kindes eingetragen. Wenn sie Bestand hat, kann sie sich negativ darauf auswirken, wie zukünftige Lehrkräfte Ihr Kind wahrnehmen – auch noch nach einem Klassen- oder Schulwechsel.

Wenn eine Ordnungsmaßnahme gegen Ihr Kind erlassen wird, hat das nicht nur die im Bescheid angeordneten nachteiligen Folgen. Die Ordnungsmaßnahme kann auch per se dazu führen, dass Ihr Kind von Lehrkräften, Mitschülern und anderen Eltern negativ eingeschätzt wird. Indem ein Rechtsanwalt Sie bei der Abwehr der Maßnahme unterstützt, hilft er auch, solche langfristigen Folgen zu verhindern.

Außerdem weisen schulische Ordnungsmaßnahmen nicht selten rechtliche Mängel auf. Lehrkräfte sind es gewohnt, ihr eigenes Handeln in erster Linie an pädagogischen Maßstäben auszurichten. Wenn sie eine Ordnungsmaßnahme verhängen, handeln die schulischen Entscheidungsträger jedoch als staatliche Verwaltung. Als solche unterliegen sie zahlreichen inhaltlichen und verfahrensmäßigen rechtlichen Bindungen. Diese werden, das zeigt die Praxis, längst nicht immer ausreichend beachtet. Verwaltungsrechtliche Defizite, die sich daraus ergeben, machen eine rechtliche Überprüfung sinnvoll.

Ein Rechtsanwalt wird Ihnen durch Akteneinsicht die notwendigenHintergrundinformationen verschaffen, mögliche Mängel im Verfahren erkennen und Ihre Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Ordnungsmaßnahme juristisch präzisieren. Er kann eine erneute Prüfung der Maßnahme durch die Schule bzw. die Schulbehörde veranlassen und, wenn dies noch nicht zum Erfolg führt, für eine gerichtliche Überprüfung sorgen. Falls die Ordnungsmaßnahme sofort vollzogen werden soll, kann er ein Eilverfahren vor dem Verwaltungsgericht veranlassen.

Für diese Aktivitäten besteht kein Anwaltszwang. Fundierte Rechtskenntnisse sind aber ein entscheidender Vorteil. Unbedachte Schritte, versäumte Fristen, juristisch nicht stichhaltige Begründungen und fehlendes Wissen über verwaltungsrechtliche Verfahrensabläufe können Ihre Rechtsposition jedoch schnell untergraben und zu Fehlern führen, die sich dann nicht mehr oder nur noch schwer korrigieren lassen.

Wenn Sie mich beauftragen, werden wir die Bezahlung im Regelfall durch eine Vergütungsvereinbarung regeln. Aus dieser ist klar ersichtlich, wie die Kosten ermittelt werden, Grundlage ist der erforderliche Aufwand, der nach einem zeitabhängigen Honorar abgerechnet wird.

Das sorgt für Transparenz: In fast allen Fällen kann ich Ihnen den voraussichtlichen Zeitaufwand beziffern und damit eine klare Kostenprognose geben.

Wenn Sie Widerspruch gegen eine Ordnungsmaßnahme der Schule einlegen und erfolgreich sind, können Ihre Anwaltskosten für das Widerspruchsverfahren in Höhe der gesetzlichen Gebühren erstattet werden. Wurde ein Zeithonorar vereinbart, können die gesetzlichen Gebührensätze allerdings überschritten werden. Diesen Teil der Kosten müssen Sie dann auch im Erfolgsfall selbst tragen.

Entscheidet ein Gericht, dass die Maßnahme der Schule keinen Bestand hat, dann erlegen die Richter dem Schulträger in aller Regel auch die Kosten auf. Auch hier kann bei einem Zeithonorar das anfallende Honorar den erstattungsfähigen Betrag übersteigen.

Sind Sie rechtsschutzversichert, übernehme ich gerne die Anfrage bei Ihrer Versicherung nach einer Deckungszusage (der Zusage Ihrer Versicherung, in Ihrem Fall die Kosten zu übernehmen). Liegt die Deckungszusage vor, rechnen wir die Kosten direkt mit der Versicherung ab.

Haben Sie noch Fragen? Ich kann Sie und Ihr Kind unterstützen!

Falls Ihre Fragen unbeantwortet geblieben sind oder wenn Sie Beratung in einer schulrechtlichen Angelegenheit suchen, stehe ich gern zu Ihrer Verfügung.